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03 DIE GEISS ALS GÄRTNER!8 Minuten

Das Projekt, Artenvielfalt durch Beweidung zu schaffen, ist eine sehr erfüllende Freizeitbeschäftigung, stellt Dominik Hauser fest. Besonders positiv ist die Zunahme seltener Arten wie Laubfrosch und Bienenragwurz. Dennoch gibt es Herausforderungen, vor allem durch gesetzliche Vorschriften und planerischen Unsicherheiten.

 

Ein Beweidungs-Projekt von Dominik Hauser.
Mit Unterstützung der Gemeinde Schlier, dem Landratsamt Ravensburg, dem Forst BW, dem Landschaftserhaltungsverband Ravensburg (LEV) und der Heinz-Sielmann-Stiftung.

DAS KONZEPT
Die Geiss als Gärtner
DIE PRAXIS
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HÖHEN & TIEFEN

Gibt es Überraschungen, Probleme, Anekdoten, Herausforderungen, besonders schöne Erfahrungen, Freude an der Arbeit?

Die meisten und eigentlich einzigen Probleme machen leider viele Vorschriften und Gesetze

Es ist für mich eine wirklich sinnvolle Freizeitbeschäftigung, die sehr erfüllend ist, da man aktiv Lebensraum für viele Arten schafft und bei besonders seltenen Arten wie dem Laubfrosch und der Bienenragwurz schon nach so kurzer Zeit eindeutige Zunahmen zu erkennen sind. Ich könnte mir kein schöneres „Hobby“ vorstellen.

Die meisten und eigentlich einzigen Probleme machen leider viele Vorschriften und Gesetze, die vieles schwieriger machen und einem manchmal den Spaß an der Sache verderben.

Schwierig ist auch eine Ungewissheit bei solchen Projekten, die nicht auf eigenem Grundstück erfolgen und theoretisch jederzeit beendet werden könnten, womit man mit entsprechenden Weidetieren „auf der Straße steht“. Bei Weideprojekten kann außerdem nur mit gesunden, jüngeren Tieren gearbeitet werden. In einem gewissen Alter können die Tiere oft nicht mehr richtig fressen und müssten im Stall durchgefüttert werden. Hier muss man sich im Klaren sein, dass es auch Nutztiere sind, die irgendwann geschlachtet werden müssen, wenn man keinen Liebhaber findet, der ihnen bei sich noch ein Gnadenbrot gibt. Gerade bei Ziegen, die ich als sehr intelligent und anhänglich empfinde, ist das nicht leicht. Kommendes Jahr findet eine Umstellung auf Schafe statt und für die Ziegen gibt es bereits einen guten Platz in einem Landschaftspflegebetrieb. Auch das wird eine Herausforderung, auf die ich aber mit viel Vorfreude schaue. Ich hoffe, hier mit gezieltem Weidemanagement noch mehr die krautige Vegetation beeinflussen zu können.

fAZIT

Sehen Sie Potenzial, dieses Beweidungskonzept auf andere Gebiete und Gärten auszuweiten?

Absolut. Meiner Meinung nach sollten Weidetiere bei allen „Wildnisprojekten“ wie Nationalparks, Bannwäldern usw. fest eingeplant sein. Gerade die Beweidung im Wald bringt für die Artenvielfalt ein riesiges Potenzial mit sich. Auch für die Weidetiere selbst ist es eine artgerechte Haltung, und die Waldweide bringt mit ihrer Pflanzenvielfalt eine Art „Apotheke“ mit sich. Alte Kiesgruben, die nicht für die Aufforstung mit Wirtschaftswald gedacht sind, können so hervorragend weiter in einem halboffenen, artenreichen Zustand gehalten werden. Es benötigt aber immer engagierte lokale Personen, die bereit sind, hier viel Zeit zu investieren. Finanziell lohnt sich diese Art der Beweidung meiner Meinung nach auch für Landwirte nicht. Aber gerade Naturschutzgruppen können sich einem solchen Projekt annehmen. Bedenken sollte man, dass eine tägliche Tierkontrolle sichergestellt sein muss. Trotzdem macht vermutlich im Alltag ein Hund, mit dem man 3-4 Mal täglich spazieren geht, pro Tag mehr Arbeit als eine Tierkontrolle im Weidegebiet. Es ist also durchaus machbar, wenn man am Wochenende einmal fürs Umzäunen, Klauen schneiden usw. noch etwas zusätzliche Zeit aufbringen kann.

Wer privat Gelände besitzt und dieses beweiden möchte, kann sich bei zu kleiner Flächengröße überlegen, ob er dieses zeitweise einem Schäfer oder Hobbyschafhalter aus der Umgebung zur Beweidung anbietet und dafür idealerweise gleich einzäunt (das macht es deutlich attraktiver für Weidetierhalter). Das Gebiet kann dann mit einzelnen Baumarten und Pflanzungen von Sträuchern ökologisch sehr stark aufgewertet werden. Auch die Anlage von Asthäufen und eventuell einem Gewässer macht Sinn. Denn genau solche strukturreichen Weideflächen fehlen in unserer Landschaft am allermeisten. Dies waren die früheren Allmenden (Gemeinschaftsweiden), auf die jeder sein Vieh treiben konnte und auf denen nie mit großen Geräten einzelne Büsche usw. nachgepflegt wurden. Solche artenreichen Gebiete findet man heute noch im Inland vieler südeuropäischer Länder.

… die Waldweide bringt mit ihrer Pflanzenvielfalt eine Art „Apotheke“ mit sich

Waldweide

Büsche und Bäume werden seitlich bis zu kräftigen Haupt- oder Stammtrieben auf eine für Ziegen erreichbare Höhe abgefressen. Diese freigelegten Bereiche in Stammnähe ermöglichen beispielsweise das Wachstum von Rankgewächsen.

Waldweide: Durch die Beweidung, insbesondere durch den Fraß von Ziegen entstehen belichtete Waldflächen, auf denen sich Kräuter und Gräser ansiedeln können.

Waldweide ist die Praxis, bei der Waldgebiete zur Beweidung von Nutztieren wie Rindern, Schafen oder Ziegen genutzt werden. Sie dient der Offenhaltung der Wälder, wobei abgestufte Landschaften von Wiesen, Büschen, einzelnen Bäumen bis zum Wald entstehen. Das fördert die Artenvielfalt und kann zur Landschaftspflege beitragen.

Welche weiteren Tierarten könnten für ähnliche Projekte geeignet sein und wie wirken sich verschiedene Tierarten auf die Vegetation aus?

Eine sehr gute Internetseite dazu ist das ANL Beweidungshandbuch aus Bayern. Hier wird für jede Tierart der Einfluss auf die Vegetation, Tierwelt und Landschaft sehr gut dargestellt. Allgemein zeigen Rinder bei Weideprojekten in Mitteleuropa meist die besten Auswirkungen auf die Natur. Schafe und Ziegen lassen sich aber für einfache Privatpersonen besser handhaben und können super Auswirkungen haben, wenn man die Herden richtig führt (siehe etwa die orchideenreichen Wacholderheiden auf der Schwäbischen Alb). Esel sind ebenfalls super, gerade für trockene, karge Landschaften wie ehemalige Kiesgruben, benötigen aber unbedingt trockene Plätze und einen guten Unterstand für den Winter. Auch Schweine können in feuchten Bereichen tolle Auswirkungen auf die Natur zeigen, beispielswiese auf den Schutz von Gelbbauchunken. Es kommt immer auf die Zielarten und das Gelände an, das man beweiden möchte. Im Hausgarten könnte man selbst mit Meerschweinchen und Kaninchen in versetzbaren Kleingehegen arbeiten, wobei mir hier keine Erfahrungen zu den Auswirkungen auf die Pflanzenwelt vorliegen.

Das ANL Beweidungshandbuch:
www.anl.bayern.de

Allgemein zeigen Rinder bei Weideprojekten in Mitteleuropa meist die besten Auswirkungen auf die Natur.

In der Kiesgrube wurden mehrere Mulden angelegt, in denen sich Wasser sammeln kann. Diese sind ideal für Gelbbauchunken, da sie in größeren „Pfützen“ laichen, die im Laufe des Sommers austrocknen. Das hat den Vorteil, dass die Kaulquappen weniger Fressfeinde durch Libellenlarven haben, da diese stabile, dauerhafte Teiche benötigen.

Ideal für Kaulquappen von Gelbbauch-Unken: zur zeitenweise wassergefüllte Mulden.
Gelbbauchunke (Bombina variegata)

Wassergefüllte Mulde die zeitweise austrocknen sind besonders für Gelbbauch-Unken geeignet. 

Gibt es neue Pläne?

Ja, die Umstellung auf Schafe 2025. Dabei ist auch geplant, die Weideflächen weiter zu verkleinern und die Weidezeiten noch kürzer zu halten als bisher, um noch bessere Effekte auf die Vegetation zu erzielen und zusätzliche Sensenmahd einzelner Orchideenflächen unnötig zu machen. Dabei wird dann auch zunehmend mit mehr Tieren gearbeitet.

Ich möchte mich herzlich bei Dominik Hauser für das aufschlussreiche Interview und die wertvollen Einblicke in das Beweidungsprojekt zur Förderung der Artenvielfalt durch Beweidung bedanken. Es war eine große Bereicherung, mehr über dieses spannende Thema zu erfahren. Vielen Dank für dieses tolle Engagement!

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© Bild 1 und die beiden letzten Bilder von Katja Falkenburger, alle anderen wurden  von Dominik Hauser zur Verfügung gestellt.

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