Ansichtssache: Baldrian spaltet die Gemüter!
Für Schnüffler und Fotografen ist es der absolute Wahnsinn, für Gärtner mit geordnetem Pflanzplan ein lästiges Unkraut, und für die anderen zum Einschlafen – Baldrian spaltet die Gemüter!
Im Juni beginnt die Blüte des Baldrians und löst damit die rosarote Phase der Roten Lichtnelken ab, die inzwischen verblüht sind und jetzt unglaubliche Mengen an Samen entwickeln.
ECHTER BALDRIAN (Valeriana officinalis)

Baldrian überall: So sieht das Teichgelände unseres Froschteichs im Juni aus!
WISSENSWERTES ZUM ECHTEN BALDRIAN
Baldrian wird in der Fachliteratur als häufig und ungefährdet beschrieben. Mir ist allerdings in meiner Umgebung kein größeres Vorkommen bekannt. Da hilft nur eines: Der Echte Baldrian muss in den Garten.
Das einheimische Geißblattgewächs ist eine Pionierpflanze, die offenen Boden besiedelt, bevor durchsetzungsstarke, mehrjährige Stauden auftreten. Baldrian wächst bis zu zwei Meter hoch und besitzt an der Basis verzweigte, feine, flachwurzelnde, aromatische Wurzeln, denen eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird. Die ein- bis zweijährige Pflanze, die aber auch staudenartig auftreten kann, besitzt unpaarig gefiederte, leicht behaarte Blätter, die einen markanten Teil ihres Erscheinungsbildes ausmachen. Besonders auffällig sind die Schirmrispen, die weiße bis rosafarbene Blüten tragen.
Die Vermehrung erfolgt sowohl vegetativ durch kurze Ausläufer als auch durch Samen. Bestäubt wird die Pflanze vor allem durch Bienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge. Die Blätter dienen als Raupenfutter für verschiedene Schmetterlingsarten, und die Blüten stellen eine wertvolle Nahrungsquelle für Insekten dar. Die abgestorbenen Pflanzen bieten wertvolle Strukturen als Lebens- und Überwinterungsraum in hohlen Stängeln und unter umgeknickten Pflanzen für zahlreiche Tiere.
3 PHASEN AM TEICHGELÄNDE
Am Teich hat sich nach einigen Jahren eine interessante Pflanzengemeinschaft auf nährstoffreichem Boden entwickelt, die den verfügbaren Raum intensiv und in mehreren Phasen nutzt:
Phase: Schnell auflaufende Pflanzen wie Vergissmeinnicht (Myosotis), Rote Lichtnelke (Silene dioica), Weiße Lichtnelke (Silene latifolia) sowie Schöllkraut (Chelidonium majus) decken im Frühjahr den Boden und schützen ihn vor Austrocknung.
Phase: Baldrian (Valeriana officinalis) nutzt die gespeicherte Feuchtigkeit der dicht mit Pflanzen bedeckten Erde, um durchzustarten.
Phase: Nach der Blüte stirbt die Pflanze ab. Die Stängel werden dabei kahler, und es gelangt wieder mehr Licht und Luft in Bodennähe. Dies bietet eine Chance für spätblühende Stauden wie Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria), Blaugrüne Segge (Carex flacca) und Gewöhnlicher Wasserdost (Eupatorium cannabinum).
Der Echte Baldrian versamt sich stark und kann an feuchten Standorten und in regenreichen Jahren andere Pflanzen verdrängen, was die Pflanzenvielfalt einschränken kann. Deshalb sollte die Pflanze mit ebenfalls wuchsstarken und bereits gut etablierten Stauden kombiniert werden.
BALDRIAN & INSEKTEN
Als einheimische Pflanze ist der Echte Baldrian für unsere Tierwelt von großem Nutzen. Die Blüten sind ein wichtiger Nektar- und Pollenlieferant für Insekten wie Fliegen, Schwebfliegen, Wildbienen und Schmetterlinge. Die Blätter dienen als Raupenfutter für drei spezialisierte Schmetterlingsarten, die dringend auf die Pflanze angewiesen sind, darunter der Baldrian-Blütenspanner (Eupithecia valerianata) und der Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina).
Hier ein paar Insektenarten, die ich am 12.06.2024 im Garten auf dem Echten Baldrian gefunden habe:

Nicht dass wir die Ameisen vergessen oder gar die Läuse! Denn auch Ameisen und Läuse gehören zur Gruppe der Insekten. Läuse lieben die jungen, saftigen Stängel des Baldrians! Die kräftigen Pflanzen beeindruckt die dichte Laus-Population, die gerne bei länger anhaltender feuchte Witterung vermehrt auftritt, kaum. Vögel und Insekten wie Marienkäfer, Schwebfliegenlarven, Ohrwürmer, Spinnen und Schlupfwespen vertilgen ruckzuck die saftige Proteinquelle. So ist der Läuse-Spuk leider fast schon vorbei, als ich mit der Kamera anrücke.
VERBLÜHT UND WEG DAMIT ?
Die Samenstände des Echten Baldrians sehen auch nach der Blüte sehr interessant aus. Wenn alle Samen vom Wind verweht sind, bleibt eine feine, ästige Struktur in Altrosa bis Weiß stehen – eine zarte Duftwolke auf hohen Stängeln, in der winzige Fliegen, Spinnen und Käfer zu finden sind.
Die leichten, überraschend stabilen Stängel bleiben lange erhalten und bieten vielen Tieren Nahrung, Schutz und Lebensraum. Im Verlauf von Herbst und Winter zersetzen sich zuerst die Blätter und feinen Blütenstrukturen. Im Frühling bleiben die von Schnee niedergedrückten Stängel zurück. Wenn man diese nach dem Winter unberührt als „Mulchschicht“ liegen lässt, bleibt der Boden bedeckt und die Keimung von Baldrian wird reduziert. Gleichzeitig bietet dies Tieren Unterschlupf, wenn im Frühjahr alles kahl und leer ist. An solchen abgedeckten Stellen können dann Stauden gepflanzt werden, die dazu beitragen, das Wachstum des manchmal etwas übermütigen Baldrians zu kontrollieren.
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